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- Geschrieben von: Ewald Klumpp
- Kategorie: Chronik
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Die Theaterspielgruppe geht wieder auf
Tournee. Nachdem 1984 schon einmal in Waldulm gespielt wurde, ist es nun
üblich, regelmäßig alle zwei Jahre für den MGV Waldulm in der dortigen Halle zu
spielen. Die Spielerinnen und die Spieler finden dort großen Anklang und haben
immer großen Erfolg. Die Fastnachtsveranstaltung in einer vollbesetzten Halle
wird zu einem Erlebnis. Neben dem Mädchenballett, dem Engel Ambrosius, sorgt Klaus Wilhelm als Bürgermeister mit
seinen Gemeinderäten für gute Stimmung. Die Sänger bringen als Haremsdamen
Orientzauber in die Halle. Klaus Wilhelm erntet für sein Lied: "Emma, i
hol di mit dem Traktor ab" und die Frauen für ihren gekonnten CanCan‑Tanz
wahre Beifallsstürme. Die "Dorfbrätsch" Konrad Sutterer erinnert in
seiner gekonnten Art an lustiges Dorfgeschehen.
In Erinnerung an die Vorkommnisse im
vergangenen Jahr erinnert der Chorleiter in der GV am 1. 3. die Sänger daran,
gewissenhafter und pünktlicher die Probe zu besuchen und sich Termine
schriftlich zu notieren. Auf Antrag von Sänger Hamel wird beschlossen, beim
Tode eines aktiven Sängers einen Nachruf in die Zeitung zu setzen. Ebenso wird
festgelegt, daß für verstorbene passive Mitglieder nur noch einmal im Jahr in
der Messe vor der GV gesungen wird. Diese Regelung stößt bei vielen Mitgliedern
auf Unverständnis, ist aber trotzdem unumgänglich.
Seit Weggang von Pfarrer Wunsch am 30.
9. 84 ist die Pfarrstelle nicht mehr besetzt. Hat Pfarrer Wunsch noch für jeden
Verstorbenen drei Seelenämter gehalten, wovon eines immer auf den
Donnerstagabend gelegt war ‑ falls der MGV singen müßte ‑, so werden jetzt
"nur noch" Tagesmessen gehalten, zu denen Trauerweisen nicht passen.
Der Chor will sich daher auch, soweit das zeitlich möglich ist, mehr auf
Kirchenmusik einstellen.
Die Ortsverwaltung lädt am 16. 3. 86 zu
einem Heimatabend ein und will mit Lichtbildern von früheren Umzügen die
Anwesenden auf den Festumzug zur 600 Jahrfeier der Gemeinde einstimmen. Die
mahnenden Worte bei der GV sind bei den Sängern nicht angekommen. Obwohl auf
den 12. 4. 86 das Frühjahrskonzert angesetzt ist, erscheinen zur Probe am 11.
4. "von den 40 gesunden aktiven auf der Liste stehenden Sänger 23 ‑.
Herzlichen Glückwunsch!" Am Konzertabend selbst haben wir Unterstützung
durch den gemischten Chor aus Wagshurst. Otto
Wilhelm wird für 25 Jahre aktiven Dienst und für 12‑jährige Tätigkeit als
1. Vorstand besonders geehrt.
Der Gegenbesuch beim gemischten Chor in
Wagshurst ist fällig. Der MGV muß sich mit nur schwacher Beteiligung behaupten.
Was ist denn los im Verein? Eine Frage, die sich Vorstand und Dirigent immer
wieder stellen. Alle Mutmaßungen bringen kein Ergebnis. Umfragen und Murren
ergeben:
1. Viele sind
unpünktlich, geben dadurch den jungen Sängern ein schlechtes Beispiel,
verärgern die pünktlichen Sänger und bewirken Austritte.
2. Die Probe
ist mit 2 Stunden zu lang und muß durch eine längere Pause unterbrochen werden.
Die Pause wird eingeführt und dadurch
die Probe verkürzt. Doch damit ist nur Punkt 2 gelöst, und ohne Fleiß kann man
nicht zu einem Meisterverein werden, nicht einmal zu einem guten Chor. Sind
Vorstand oder Chorleiter an den misslichen Zuständen schuld? Ganz sicher aber
hat sich die Dorfgesellschaft verändert. Wir sind unbemerklich auch hier zu
einer pluralistischen Gesellschaft geworden.
Dennoch steht das Vatertagsfest am 7.
und 8. Mai auf dem Terminplan. Das Gesangduo "Marianne und Michael"
mit den "Tschirgantspatzen" versetzen das vollbesetzte Festzelt in
eine bombige Stimmung. Auch den Akteuren gefällt es in Mösbach sehr gut. Das
Gesangsduo verlässt erst morgens um 4.00 Uhr das Festzelt, und die Musiker
gehen so spät, daß sie die Übernachtungsquartiere nicht mehr brauchen.
Der Festtag bringt viel Publikum, aber
auch die schlagenden Trunkenbolde, die am Abend schon mit Bierkrügen gegen die
Sänger hinter der Theke werfen und in der Nacht auf ahnungslose Sänger
einschlagen ‑ den 1. Vorstand nicht ausgenommen ‑und verletzen. Die einige Male
gerufene Polizei will sich in Zukunft aus solchen Fällen heraushalten, und der
Veranstalter soll selbst für Ruhe und Ordnung sorgen. Wer von den Sängern wird
1987 einen Arzt oder das Krankenhaus aufsuchen müssen?
Doch allem zum Trotz die 600‑Jahrfeier der Gemeinde steht bevor.
Jeder Verein errichtet am 28. 5. auf dem Rathausplatz oder auf dem Schulhof
einen Stand oder ein kleines Zelt. Es regnet. Die Termine, Vorbereitungen und
Proben drängen so sehr, daß der Verein trotz allen guten Willens dem Sänger Johannes Blust zu seinem Polterabend
kein Ständchen singen kann.
Am 30. 6. beginnen die Feierlichkeiten
mit dem Festbankett in der Drei‑Kirschen‑Halle. Neben der Musikkapelle, dem
Kirchenchor ist auch der MGV daran beteiligt, der zum ersten Mal das von Ortsvorsteher Josef Wilhelm getextete
und komponierte Lied singt: "Mein
Mösbach".
Am folgenden Tag werden die letzten
Vorbereitungen im Festzelt und auf dem Schulhof getroffen, um für den
erwarteten Besucherstrom gerüstet zu sein. Der Arbeitseinsatz der Sänger ist
denkbar schlecht: so schlecht, daß manchmal nur der 1. Vorstand und seine Frau
im Zelt anwesend sind. Doch das liegt nun nicht an der Arbeitsmoral der Sänger,
sondern daran, daß einige Sänger in mehreren Vereinen aktiv sind und dort
mithelfen müssen. Zugleich stehen daheim die Festwagen, die noch geschmückt
werden sollen, Straßen und Häuser müssen geziert werden u. a. m.
Am Nachmittag ist schon die Einweihung
des neugestalteten Rathausplatzes mit dem neu errichteten Pfarrbrunnen, der
viele Jahre lang vor dem Rathaus tief im Boden steckte, daß nur der obere Rand
zu sehen war, und als Fischbassin diente. Alle stehen in Festtagskleidem da, um
mit den entsprechenden Liedern die Einweihung mitzugestalten. Anschließend
beginnt in den Buden und Zelten schon der Umtrunk, und kundige Bürger zeigen
den begeisterten Zuschauern alte bäuerliche Arbeitsweisen; wie z. B. Sense
dengeln oder dreschen mit dem Dreschflegel u. ä. m.
Nach dem Festgottesdienst am 1. 6. 86
strömen schon die ersten Zuschauer und Festbesucher ins Dorf. Der große Umzug
mit über 50 Wagen und Gruppen stellt sich in der Önsbacherstraße auf. Pünktlich
und bei schönstem Wetter setzt sich der Riesenumzug um 14.00 Uhr in Bewegung
durch die Renchtal‑, Hänfer‑, Brunnen‑, Waldulmerstraße und wieder in die
Renchtalstraße, wo die Wagen abgestellt und den ganzen Tag zu besichtigen sind.
Mehr als 12.000 Menschen säumen die Straßen und sind begeistert über die mit
peinlicher Sorgfalt aufgebauten Wagen. Stürmischer und lang anhaltender Beifall
ist der Dank an die Wagenbauer, die schon seit Wochen an ihren Kunstwerken
arbeiten.
Doch nach dem Umzug o welch eine Freude
und welch ein Graus. Alle wollen sofort zur selben Zeit trinken und essen. 0
welch eine Freude für die, die ihren Stand auf dem Rathausplatz oder auf dem
vorderen Teil des Schulhofes haben. Aber welch lange Gesichter derer, die im
hinteren Teil des Schulhofes stationiert sind, und die von der Menschenmenge
nicht erreicht werden, weil der vordere Teil des Schulhofes einfach abgeblockt
wird und kein Zugang frei bleibt. Zu diesen, die im Hinterland wohnen gehört
auch der MGV, ‑ und die hätten soviel zu verkaufen gehabt. Der Tag ist so schlecht,
daß der MGV am folgenden Tag sein Zelt gar nicht mehr öffnet.
Ist der Verein beim Ehrensingen in
Kappelrodeck und in Seebach fast vollzählig vertreten, so zeigt er beim
Ehrensingen in Lauf am 14. 9. eine noch nie dagewesene Glanzleistung. Die Pünktlichkeit
ist so gut, daß unser Auftritt zweimal verschoben wird. Die Beteiligung ist so
groß, daß wir um jede Verschiebung dankbar sind, weil wir auf das Wunder
warten: da kommt ja noch einer. Dass trotzdem alles gut geht, ist dem Einsatz
und dem Können der erschienenen Sänger zu verdanken
Allzu früh und unerwartet stirbt unser Ehrenvorstand Otto Wilhelm und
wird am 5. 11. 86 unter den Trauerweisen seiner Sängerkameraden zu Grabe
getragen. Otto Wilhelm hat 12 Jahre lang die Vereinsgeschichte geprägt und sich
unermüdlich für den Verein eingesetzt. Er war ein treuer und zuverlässiger
Sänger, der durch sein frohes Wesen und seine Friedfertigkeit den Verein formte
und durch die Kunst des Ausgleichs immer wieder alle in Eintracht vereinte.